Billard und die Psyche

Moderator: Moderatoren

Antworten
Benutzeravatar
Klaus
Posthum Ehrenmitglied
Posthum Ehrenmitglied
Beiträge: 7285
Registriert: 31.07.04 00:00
Reputation: 3
Wohnort: München

Billard und die Psyche

Beitrag von Klaus »

von Detlef Luehrig


Einführung


Jedes Spiel besteht aus zwei Teilen: einem äußeren und einem inneren Spiel. Das äußere Spiel wird gegen einen äußeren Gegner gespielt, um äußere Hindernisse zu überwinden und ein äußeres Ziel zu erreichen. Wie man dieses Spiel zu beherrschen lernt, ist Gegenstand vieler Bücher, in denen wir genaue Anleitungen finden, wie ein Queue oder ein Golfschläger geführt werden muß, und wie Arme, Beine oder Rumpf einzusetzen sind, damit die besten Ergebnisse erzielt werden. Aber aus irgendeinem Grund fällt es den meisten von uns leichter, diese Anleitungen im Gedächtnis zu behalten, als sie in die Tat umzusetzen. In diesem Buch wird die These aufgestellt, daß bei keinem Spiel Meisterschaft erlangt oder Befriedigung gefunden werden kann, wenn man sich nicht auch den ziemlich vernachlässigten Fähigkeiten des inneren Spiels widmet.



Gemeint ist das Spiel, das im Denken des Spielers stattfindet und das gegen Hindernisse wie Konzentrationsschwäche, Nervosität, Selbstzweifel und Selbstkritik gespielt wird. Kurz, es wird gegen sich selbst gespielt, um alle Denkgewohnheiten zu überwinden, die hervorragenden Leistungen im Wege stehen. Wir fragen uns oft, warum wir an einem Tag so gut und am nächsten so miserabel spielen, warum wir während eines Wettspiels so verkrampft sind oder warum wir leichte Bälle auslassen. Wir wundern uns, warum es so lange dauert, mit einer alten Gewohnheit zu brechen und eine neue zu erlernen. Die Siege im inneren Spiel bereichern vielleicht nicht unbedingt den Trophäenschrank, aber sie bringen wertvollen, anhaltenden Gewinn, der wesentlich zu späteren Erfolgen beiträgt, sowohl am Tisch, als auch sonst im Leben. Der Spieler des inneren Spiels gelangt dahin, die Kunst der entspannten Konzentration über alle anderen Fähigkeiten zu stellen; er entdeckt eine verlässliche Basis für sein Selbstvertrauen und er lernt, daß das Geheimnis, irgendein Spiel zu gewinnen, darin liegt, sich nicht zu große Mühe zu geben. Sein Ziel ist eine spontane Leistung, die sich nur dann einstellt, wenn das Denken ruhig ist und sich im Einklang mit dem Körper befindet. Der Körper findet seine eigenen erstaunlichen Wege, wie er seine eigenen Grenzen immer wieder überschreiten kann. Wenn der Spieler die üblichen inneren Vorbehalte beim Wettkampf überwindet, legt er darüber hinaus einen Siegeswillen an den Tag, der seine ganze Energie freisetzt und der auch nicht durch ein verlorenes Spiel gebrochen werden kann. Es gibt einen weitaus natürlicheren und wirkungsvolleren Prozess des Lernens und fast allen Handelns, als den meisten von uns klar ist. Er gleicht demjenigen, den wir alle durchliefen - aber bald vergaßen - als wir gehen und sprechen lernten. Er bedient sich eher des sogenannten Unterbewusstseins als des verstandesmäßigen Bewusstseins, d.h. eher der Rückenmarks- und Stammhirnregionen des Nervensystems als der Großhirnrinde. Dieser Prozess muß nicht gelernt werden; wir kennen ihn bereits. Wir müssen nur jene Gewohnheiten verlernen, die ihn behindern, und es geschehen lassen.


Dieses Buch will die grenzenlosen Möglichkeiten aufzeigen, die im menschlichen Körper stecken; hier geschieht das anhand des Billardspiels. Die Probleme, die Billardspieler am meisten verwirren, drehen sich nicht darum, wie man den Queue richtig schwingt. Bücher und Fachleute geben darüber reichlich Auskunft. Und die meisten Spieler klagen auch nicht über Grenzen ihrer physischen Leistungsfähigkeit. Die häufigste Klage, die man immer wieder von Sportlern hören kann, ist folgende: "Nicht, daß ich nicht wüsste, was ich tun soll, aber ich tu nicht, was ich weiß!" Andere häufige Klagen, die der Billardlehrer ständig zu hören bekommt: "Wenn ich übe, dann spiele ich sehr gut, aber wenn ich ein Match spiele, dann will mir gar nichts mehr gelingen." "Ich weiß genau, was ich bei meinen Druckbällen falsch mache, ich kann mir anscheinend nur meine schlechte Angewohnheit nicht abgewöhnen." "Wenn ich mir wirklich große Mühe gebe, den Stoß so auszuführen, wie es im Buch steht, verziehe ich den Ball jedes Mal." "Wenn ich mich auf etwas ganz Bestimmtes konzentriere, dann vergesse ich etwas anderes." "Ich bin mir Selbst mein schlimmster Feind; für gewöhnlich schlage ich mich selbst."


Die meisten Spieler, gleichgültig was sie spielen, geraten dauernd in solche oder ähnliche Schwierigkeiten, doch es gibt wenig Fachleute und noch weniger Bücher, die ihnen eine gewisse Einsicht in die geistige Seite des Sports vermitteln. Der Spieler wird für gewöhnlich mit derartig abgenutzten Aphorismen abgespeist, wie "Billard ist ein sehr psychologisches Spiel, und Sie müssen die entsprechende geistige Haltung dazu entwickeln. Sie müssen Selbstvertrauen haben und den Willen besitzen, zu gewinnen, sonst werden Sie immer ein Verlierer sein." Aber wie kann man "Selbstvertrauen haben" oder die "entsprechende geistige Haltung" entwickeln? Diese Fragen werden üblicherweise unbeantwortet gelassen.
Hier wollen wir anknüpfen und über die Verbesserung jener geistigen Prozesse sprechen, die das Wissen, wie ein Ball gespielt werden muß, in die entsprechende körperliche Aktion umsetzen. Wie man diese geistigen Fähigkeiten, ohne die Hochleistungen unmöglich sind, entwickeln kann, ist Gegenstand dieses Buches.


(Wer weiterlesen will, findet die Datei unter "Downloads, Mentales")
Antworten

Zurück zu „Mentales“