"Interview" mit dem Queuebauer Andreas Hartmann

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Klaus
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"Interview" mit dem Queuebauer Andreas Hartmann

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Dem Anliegen der BA-Gemeinde folgend haben sich bereits einige Queuebauer zu Wort gemeldet und spontan alle 33 gesammelten Fragen im Materialforum beantwortet. Hier ergeben sich bereits sehr interessante Artikel, die wir hiermit darstellen möchten. Somit entsteht ein erster Eindruck und darüberhinaus sind die Queuebauer sicher gerne auch bereit, sich euren speziellen Fragen in einem persönlichen Gespräch zu stellen.
Wir würden uns freuen, wenn sich noch weitere Queuebauer an der "Interview"-Aktion beteiligen möchten. Sendet eure eigenen Antworten auf die folgenden Fragen bitte an den User "Klaus" Klim (gerne auch per Mail) oder an den netten BA-Redakteur "Jens" Krause oder direkt ins Materialforum.



Im Anschluß könnt ihr euch die ausführlichen Antworten von dem Queuebauer Andreas Hartmann zu Gemüte führen, welcher sich ebenfalls spontan der Aktion gestellt hat.



Vielen Dank dafür im Namen der Community!





Bist du ein hauptberuflicher Queuebauer?
Nein, hauptberuflich leite ich eine Tischlerei und eine Schlosserei.
Trotzdem verbringe ich ca. 30-40 Stunden in der Woche in meiner Werkstatt oft auch an den Wochenenden.



Wie bist du zum Queuebau gekommen?
Angefangen hat alles mit kleinen Reparaturen, später ist mir dann die Idee gekommen mir selbst ein Queue zu bauen, was sich als schwieriger herausstellte als gedacht. Aber ich wollte nicht aufgeben und die Erfolge stellten sich langsam ein. Die technischen Grundfertigkeiten hatte ich aufgrund meiner Ausbildung schon, da der Maschinenpark größtenteils identisch ist. Anfangs habe ich mit jemanden zusammen angefangen Queues zu bauen, was leider nicht lange funktionierte und ich die Zusammenarbeit nicht mehr wollte. 2002 bin ich meine eigenen Wege gegangen und habe mir eine eigene Werkstatt aufgebaut.



Wie hast du das Queuebauen erlernt?
Im Grunde genommen habe ich mir alles selbst erarbeitet, viel im Internet recherchiert, probiert und immer wieder Neues getestet. Irgendwann hat man die für sich besten Fertigungsverfahren gefunden und entwickelt einen eigenen Stil. Das heißt für mich aber nicht, dass das Lernen irgendwann abgeschlossen ist, es gibt ständig neue Herausforderungen denen man sich stellen muss, sei es neue Materialien oder Maschinenanforderungen wie z.B. das 4 oder 5 Achsen Fräsen. Mit diesen Technologien kommen ganz neue Möglichkeiten.



Hast du Kontakt zu Kollegen?
Ja, zu deutschen und amerikanischen Cuemakern.
Ich denke auch nicht nur weil jemand denselben Job macht ist er ein Konkurrent ... das stimmt vielleicht zum Teil, aber eigentlich hat jeder einen etwas anderen Stil und letztendlich entscheidet der Kunde was er kaufen möchte. Gerade Konkurrenz belebt den Markt und bringt Erneuerungen. Daher halte ich es sogar für wichtig sich mit anderen Cuemakern auszutauschen.



Womit hast du früher gespielt und womit spielst du heute?
Mein erster Queue war ein Maxton, dann folgten Joss, Vollmer und Schön. Dann war es soweit ich spielte mein erstes „eigenes“ Queue. Mittlerweile spiele ich ein Queue was ich mir genau nach meinen Vorstellungen gebaut habe (was mir schon viele abkaufen wollten).



Wie sollte man ein Queue pflegen, transportieren, aufbewahren?
Möglichst in einem stabilen Köcher, da kann dann auch schon mal was draufliegen ohne das gleich Druck auf das Queue ausgeübt wird. Ganz wichtig sind auch Temperaturschwankungen und Feuchtigkeit, also nachts im Auto lassen kann schon erheblichen Schaden verursachen.



Welcher Hersteller oder Cuemaker baut deiner Meinung nach konstant die besten Queues?
Ich glaube da gibt es eine ganze Menge an Cuemaker und da einzelne hervorheben ist schwierig, zumal die meisten Informationen von anderen Personen oder aus dem Internet kommen. Man kann also nur Queues beurteilen die man selbst in der Hand hatte. Optisch gibt es viele Highlights auf dem Markt. Ich glaube aber, dass wir (die deutschen Cuemaker) den Amerikanern um nichts nachstehen.



Hast du Vorbilder oder Kollegen die dich inspirieren?
Vollmer, Black Boar, Robinson Cues, McWorter Cues



Gibt es außer deinem Logo bestimmte Merkmale, die dich "erkennbar" machen?
Meistens erkennt man meine Queues an meinem Joint, aber nicht alle Queues werden so gebaut.



Was ist dir lieber? 100 % konkrete "Forderungen" vom Kunden oder eher ein Grundkonzept, wo du eigene Ideen einfließen lassen kannst?
Das kommt ganz drauf an, meist entsteht ein Queue indem der Kunde seine Entwurf vorstellt, wir diesen besprechen und etwas modifizieren.



Was ist die verrückteste Anfrage die du je bekommen hast, und hast du sie angenommen?
Ein Kunde wollte einen „Hello Kitty“ Queue gebaut haben. Das habe ich aus markenrechtlichen Gründen abgelehnt.



Was ist dir bei der Beschaffung von Material wichtig?
Am wichtigsten ist mir eine konstante Qualität, was leider in den USA nur selten der Fall ist.
Aus diesem Grund fertige ich die meisten Teile selbst. Bei Hölzern ist es wiederum anders. Ich habe in den Staaten einen guten und zuverlässigen Händler gefunden.



Mit welchen Holzarten arbeitest du gerne und mit welchen nicht?
Bei der Verarbeitung von Hölzern habe ich eigentlich keine Vorlieben, optisch ist mein Favorit Cocobolo. Jedes Holz hat seine Eigenheiten, und wenn man um diese weiß, gibt es auch wenig Probleme mit der Verarbeitung.



Sollte man den forearm coren oder gibts da Unterschiede?
Man muss kein Holz coren, durch das coren stabilisiert man das Holz und kann Gewichtsunterschiede ausgleichen. Dadurch erhält man eher vergleichbare Spieleigenschaften obwohl verschiedene Hölzer verwendet wurden.



Was ist dein Favorit beim (forearm) Holz?
Cocobolo



Arbeitest du auch mit recuts?
Ja, aber nicht nur.



Was macht ein gutes Oberteil aus?
Hohe Dichte, langsam gerade gewachsenes Holz (viele Jahresringe)



Welche Verschraubung (Joint) findest du gut?
5/16-14, 3/8-10 oder 3/8-11 in Verbindung mit Elfenbein oder Stahljoint.



Welches finish benutzt du?
Der Lack besteht aus 4 Komponenten und hat hervorragende Eigenschaften, besonders bei der Polierbarkeit und der Härte (sehr stoßfest) .



Was fällt dir zum Thema Taper ein?
Da gibt es mittlerweile so viele Varianten, und jeder behauptet, mit seinem OT hat der Spieler kaum oder keine Abweichung. Das sehe ich etwas anders, da jeder Spieler eine andere Stoßtechnik und Spielverhalten hat, verhalten sich die Oberteile mit ein und demselben Taper unterschiedlich.



Was hältst du von Fullsplice oder Shortsplice?
Shortsplice und CNC-Points unterscheiden sich meiner Meinung von den Spieleigenschaften kaum.



Optisch sind die Shortsplice natürlich ein Muss, wenn man ganz spitze Points haben möchte. An Fullsplice arbeite ich gerade aber ihr müsst euch noch etwas gedulden.
Auf welche Lieferzeiten sollten sich neue Kunden bei dir einstellen?
Bauzeit ca. 6-10 Monate je nach Aufwand.



Welche Materialien sind für Dich tabu?
Illegale Materialien die man nicht legal in Deutschland erwerben kann.
Nur mal zur Info, darunter fällt kein Elfenbein, dieses lässt sich hier in Deutschland legal mit Herkunftsnachweis kaufen.



Würdest du einen talentierten Nachwuchscuebauer ausbilden/coachen/anleiten?
Da muss ich meinem Vorredner zustimmen „Ganz ehrlich, wenn er mich bezahlt dann ja“.
Ich habe viel Zeit und auch Geld in die Entwicklung meiner Queues gesteckt, warum sollte ich dieses Wissen verschenken.



Muss ein Queuebauer auch ein guter Spieler sein?
Was ist ein guter Spieler? Man sollte meines Erachtens schon sehr viel Erfahrung haben, um diese mit in die Queues einzubringen und auch seine eigenen und fremde Queues auf das Spielverhalten hin beurteilen zu können.



Welche Materialien werden in Zukunft optisch und technisch verbaut?
Carbon, Titan, neue Kunststoffe



In welchen Materialien siehst du die Zukunft oder erhoffst dir am meisten Entwicklung?
Ich denke keiner wird das Queuebauen neu erfinden, aber Hightech-Materialien werden immer mehr in die Queues einfließen. Besonders Titan und Carbon, da diese sehr leicht und hochfest sind. Holz bleibt halt immer eine schwer zu berechnende Komponente, und mit Hilfe solcher Materialien kann man einiges erreichen oder stabilisieren.





Gibt es Materialien, die in Zukunft nicht mehr erhältlich sind?
Elfenbein, evtl. einige Hölzer und Leder



Hat die Globalisierung Einfluss auf die Qualität?
Ja, es stehen mehr Bezugsquellen zur Verfügung. Auch die Konkurrenz schläft nicht, und Qualität ist mit das Wichtigste.



Wo wird in Zukunft am meisten in Entwicklung investiert (Gewinde, Shaft, Taper, Ferrule, Leder)?
Auch die Cuemaker müssen sich mit neuen Fertigungsverfahren auseinander setzen und sich ständig neuen Herausforderungen stellen. Leider sind neue Technologien meist sehr teuer wie z.B. 4 oder 5 Achs Fräsmaschinen mit dazugehöriger Software. Denn 4 oder 5 simultanverfahrende Achsen kann man nicht mehr von Hand programmieren. Ich selbst habe mir eine neue Fräsmaschine gebaut (4 Achsen), bin aber noch in der Testphase um die 4. Achse voll einzubinden. Ich selbst halte die Gewinde, Shaft, Taper, Ferrule, Leder für nicht so wichtig bei der Entwicklung, es sei denn es gibt neue Materialien ... aber neue bessere Fertigungsverfahren sind wichtig für gute gleichbleibende Qualität auch bei Einzelanfertigungen.



Was möchtest du bis 2020 erreichen?
Ich habe mir da keine Ziele gesteckt ... einfach Spaß am Queuebau behalten und gesund bleiben.



Welche Frage hast du vermisst?
Wird man mit Queuebau reich?





Gruß


Andreas Hartmann
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Hartmann Cues


www.hartmanncue.de
info@hartmanncue.de
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