joshua70 hat geschrieben: ↑12.06.24 12:15
Lach- der Preis für den längsten eingeklammerten Nebensatz des Forums geht an: Michel!!!
Ich bin noch nicht so lange bei Carbon. Aber was ich glaube festgestellt zu haben ist, dass Carbon durch seine Steifigkeit eine kürzere Kontaktzeit hat und deswegen weniger Kraft überträgt. Ähnliches habe ich auch schon bei Holzoberteilen unterschiedlicher LD- Stufen beobachtet, wobei es hier eher am Gewicht des Frontends liegen wird. Das ist mir gekommen, als ich festgestellt habe, dass Bälle (mit Carbon) mit moderater Wirkung so gut wie keine Effekte gezeigt haben (im Vergleich zu meinen LD- Holz- OT). Als ich dann überlegte, warum das so ist, war das der einzig logische Schluss, auf den ich gekommen bin. Ein Video eines amerikanischen Queuebauers (Zufallsfund) hat mich darin bestärkt.
Wäre dem wirklich so und ich unterliege keinem Denkfehler, hätte das natürlich direkten Einfluss auf Squirt und Swerve (auf kurzen Distanzen auch auf den CIT), was zu den gefühlt großen Unterschieden zwischen Holz und Carbon führen würde und könnte Ursache für Deine Wahrnehmung sein. Du stößt und guckst, was rauskommt. Und das ist anders, als gewohnt. Bei mittleren Distanzen wird der Unterschied meist nicht so groß sein, das sich hier auch bei Holzoberteilen Squirt und Swerve oft neutralisieren. Bei kurzen Bällen überwiegt bei Holzoberteilen der Squirt, da sich der Swerve auf die kurze Distanz nicht voll ausbilden kann. Bei langen Bällen würde sich das dann gegenteilig verhalten- sofern der Stoß so war, dass am Objektball auch noch Wirkung in der Weißen ist. Überprüfen kann man das, indem man Bälle (nicht press) an der Bande platziert (2 Diamanten Lochentfernung), die Toleranz im Loch somit verkleinert, um auch kleinste Abweichungen zu offenbaren. Spielt man Effetbälle, kann man erkennen, ob man zu viel oder zu wenig Versatz gezielt hat. Die Stoßstärke sollte möglichst konstant sein. Das Ganze läßt sich dann mit der selben inneren Logik auf alle möglichen Situationen extrapolieren. Das ist dann erstmal sehr verwirrend, aber wenn man weiß, warum etwas anders ist, kann man definierter daran arbeiten. Ob man am Ende besser daraus hervorgeht, steht auf einem anderen Blatt. Jeder Vorteil bringt auch wieder Nachteile mit sich.
Wenn man den Gedanken unter dieser Annahme weiterspinnt, ergeben sich noch ganz viele Dinge unter Berücksichtigung unterschiedlicher Tip- Härten und -Durchmesser. Auch der Taper wird Unterschiede machen.
Danke Guido für die Preisverleihung, ich fühle mich sehr geehrt

Deinen Beitrag zitiere ich mal, da meine Antwort wieder nicht kurz ausfallen wird und zwischenzeitlich vielleicht noch jemand antwortet, und wenn nicht: Ich bitte um Nachsicht.
Interessant ist das auf jeden Fall was Du schreibst, definitiv kenne ich nur die fetten, konischen Karamboloberteile, die in der Härte mit Carbonoberteilen mithalten können. Genauer gesagt: Die statische Biegesteifigkeit ist bei Carbon und 12 mm Karambol deutlich höher als bei den allermeisten gängigen Holzoberteilen mit 13 mm oder weniger. Das liegt aber meiner Beobachtung nach nicht am Taper.
Bzgl. Wirkung bei Carbon hatte ich bisher auch eher andere Erfahrungen als Du, oder ich habs evtl. nicht so verstanden wie Du es gemeint hast. Nahezu alle Carbonoberteile, die ich bisher kürzere oder auch längere Zeit spielte, lassen mit relativ wenig Aufwand viel Wirkung zu, und das würde ich mehr darauf zurückführen, dass sie sich beim Stoß weniger stark stauchen (Zentrumsstoß) oder verbiegen (Lauf/Zug/Effet). Eines der krassesten Oberteile bzgl. Wirkung war das erste auf den Markt gebrachte Revo, das Ding war eine absolute Wirkungsschleuder und kaum beherrschbar, ähnlich wie das alte Z2. Die aktuellen Revo wurden da deutlich entschärft und sind zwar immer noch top was Wirkung anbelangt, aber deutlich berechenbarer. Dicht gefolgt hinter den ersten Revo setz ich das Ignite, das wäre mir immer noch zu extrem in dem, was das Ding macht. Für meinen defizitären Stoß definitiv Perlen vor die Sä..
Aber was ist es nun, das bei guten LD-Carbonoberteilen die geringe Abweichung bewirkt, und wie kann man das generell verstehen, was viel oder wenig Squirt / Swerve erzeugt?? Wir kommen da zwangsläufig zu den Fundamenten, den Basics der Deflektions-Theorien, und aus der Vergangenheit dieses Forums wissen wir, also Du und evtl. einige die hier mitlesen, dass man da sehr schnell in Bereiche vordringt, in denen es mehr um persönliche Eindrücke oder "Glauben" geht als um nachweisbares und bodenständiges Wissen. Ich selbst habe hier vor vielen Jahren in diesem Forum hart und vehement mitdiskutiert und die Meinung vertreten, dass die Deflektion nicht nur von der "Endmasse" abhängen, sondern auch von anderen Faktoren. Einer der von mir damals diskutierten Faktoren waren die Biegesteifigkeit und das Schwingungsverhalten der Oberteile wie auch des gesamten Queues. Da muss ich aber nun, in der Retrospektive, ganz klar zugeben, dass ich damals dergestalt argumentierte, dass ein sehr steifes Oberteil, genauer gesagt sehr steif in den vorderen paar Millimetern, eher mehr Deflektion erzeugt als eins, das vorne flexibler ist. Zu damaligem Zeitpunkt hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass die heute gängigen LD-Carbonoberteile derart wenig Deflektion erzeugen.
Stand heute gebe ich ganz ungeniert zu, dass ich trotz großem Drang, die Dinge möglichst tiefgehend zu verstehen, keinen blassen Schimmer habe und nicht mal annähernd schlüssig erklären kann, wie LD wirklich funktioniert. Das verhält sich hier ähnlich dem Grundsatz: Je mehr ich weiß, desto mehr weiß ich dass ich NICHTS weiß.
Interessant an dieser Stelle: Ein Vereinskollege, der wirklich eine top Stoßqualität hat und insgesamt wirklich gutes Billard abliefert, so dass er an guten Tagen auch mit zwei ehemaligen 1. und 2. Bundesligaspierlern unseres Vereins mithalten kann, meinte: Mit dem Ignite kriegt er es nicht hin, Verzögerungsbälle zu spielen (damit meine ich Stöße, bei denen der Weißen ein Rückwärtsdrall mitgegeben wird, der sich während dem Rutschen über das Tuch auf dem Weg zur Objektkugel ganz knapp vor dem Auftreffen auf die Objektkugel auf null kompensiert). Dass er das nicht hinkriegt, steht außer Frage, aber eine allgemeine Aussage über Carbon oder auch nur auf das Ignite daraus zu kreiieren, dagegen sträube ich mich immer noch. Hier liegt also in gewisser Hinsicht ein Widerspruch vor. Ich glaub ihm das, aber ich würde das nicht verallgemeinern wollen. Vielleicht ist da doch was dran, was tatsächlich irgendwie mit Carbon zu tun hat???
Ach noch kur eine Bemerkung zur "Endmasse": Diesen Begriff führten meines Wissens Billard-Theoretiker aus dem US-amerikanischen Raum ein, die zum Teil sehr komplexe Berechnungen dazu anstellten, die ich nicht nachvollziehen kann, dafür müsste ich tief in der Mathetheorie des Studium kramen, und auch dann ist eher wahrscheinlich, dass ich kapituliere bevor ichs kapiert habe. Jedenfalls beinhaltet der Begriff nicht nur die gewichtsmäßige Masse, sondern andere Faktoren wie das Elastizitätsverhalten im Ferrulenbereich werden da meines Wissens (wenn ich mich da richtig irre - von wem stammt dieses Zitat, wer weiß das noch??) ebenfalls mit reingerechnet.
Generell ist es nach meinem Glauben so (ich vermeide bewusst den Begriff "Wissen" weil das nur mein persönlicher Eindruck ist), dass ein Material, bei dem ich mit vergleichbar geringem körperlichem Kraftaufwand viel Wirkung an der Weißen erzeugen kann, eher einfacher ist mit wenig Deflektion zu spielen als umgekehrt mit einem Material, bei dem ich relativ viel körperliche Leistung ins Queue geben muss. Und zwar deshalb, weil ein sehr "wirkungsfreudiges" Material selbst bei geringstem außermittigen Spiel viel Spin induziert. Um dann konkret mit Seiteneffet zu spielen, muss ich nicht weit von der Mitte der Weißen anspielen, und das seitliche außermittige Anspielen der Weißen ist meines Erachtens der grundsätzlich dominante Faktor wenn es um Deflektion geht.
Ich könnte jetzt noch lange weiterschreiben aber am Ende nichts dazu beitragen, hier mehr Licht ins Dunkel zu bringen, deshalb stoppe ich hier. Falls jemand meint, das Thema Deflektion nachvollziehbar erklären zu können und dabei den Bogen zum Carbon spannen kann und deren scheinbar hohen Steifigkeit: You are welcome!!!
Als Einstein Examina abnahm, fragte ihn einmal ein Student: "Sie stellen in diesem Semester ja genau die gleichen Fragen wie beim letzten Mal." Darauf Einstein: "Das ist wahr. Nur die Antworten sind diesmal anders."