Schopi68 hat geschrieben:DerPiekser hat geschrieben:1.)
Sinn und Zweck des Vorklebens ist, dass man das ungewollte Aufsaugen des Klebstoffes minimiert.
Dadurch hat man eine ausreichende und konstante Klebeschichtdicke zwischen Leder und Ferrule.
Das erklärt dann auch den größten Vorteil von Kamui Clear, da wird kein Kleber weggesaugt.
2.)
Wenn man Leder auf einer Drehbank bearbeitet können bei entsprechender Drehzahl durchaus Temperaturen >100°C entstehen. Dies geschieht beim Versiegeln der Seitenflächen, zumindest wenn man nicht aufpasst. Da kann man sich leicht die Finger verbrennen. Die thermisch kritische Stelle ist die Klebeschicht zwischen Ferrule und Leder und natürlich auch zwischen den Klebeschichten des Leders, wenn es sich dabei um Schichtleder handelt.
3.)
Meines Wissens nach verwendet er Ponal auch zur Befestigung des Fibre Plates auf die Ferrule.
Wenn Du es genau wissen möchtest, dann ruf ihn einfach an und frage nach.
Gruß Stecher
Zu 1. - wie soll das ungewollte Aufsaugen des Klebstoffes minimiert werden, wenn ich beim Vorkleben den gleichen Klebstoff auftrage? Ich will natürlich nicht ausschließen, das das vielleicht was bringt, doch ich wüsste dann schon gerne, wieso (und ob die Theorie dann auch getestet wurde).
zu 2. - Wenn es so heiß wird, ist der Kleber sogar das kleinste Problem. Bei so hohen Temperaturen muß man grundsätzlich mit Schäden an Leder und Ferrule rechnen. Chromgegerbtes Leder ist bis 100°C temperaturbeständig. Bei pflanzlicher Gerbung liegt die Temperatur sogar nur bei ca. 70°C. Oberhalb dieser Temperatur schrumpft das Leder und verhärtet.
zu 3. - ich fragt nur, weil Deine Antwort an treffgarnix auch so gelesen werden konnte, daß er nur das Leder mit Ponal gegen die Fibre-Plate kleben würde.
1.1
Das Leder saugt nur beim ersten Auftragen den Kleber weg, nach der Vorklebung ist die Klebefläche ja quasi durch den Klebstoff versiegelt. Weiterhin verbreite ich hier keine Hypothesen, sondern teile mein Wissen welches ich mir im Austausch mit einigen Cuemakern angeeignet habe. Ich klebe meine Leder alle nach dieser Vorgehensweise. Mir ist gemäß dieser Vorgehensweise auch noch nie ein Leder abgeflogen. Wenn Du aber keine sauberen planen Klebeflächen hast, dann ist die Vorklebung maximal als Hosenträger zu sehen. Eine robuste Klebeverbindung erfordert mehrere sehr wichtige Parameter.
2.1
Danke für die Info mit der thermischen Beständigkeit in Abhängigkeit des zugrunde liegenden Gerbprozesses.
Das war mir ehrlich gesagt neu. Man lernt ja nie aus.
3.1
Kein Problem - deshalb gibt es ja unser Forum.
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Generell gilt - wie bei allem - Versuch macht schlau!
Meines Erachtens lassen sich zur Erreichung einer robusten Klebeverbindung folgende Parameter in einem Ranking darstellen:
Top1: Ebenheit der Klebeflächen (Tip und Ferrule)
Top2: Sauberkeit der Klebeflächen (Tip und Ferrule)
Top3: Oberflächenrauigkeit der Klebeflächen (Vorklebung zu empfehlen - insbesondere bei Sekundenklebern)
Top4: Klebeschichtdicke bzw. Klebemenge (zu viel Kleber ist auch schlecht, besonders wenn er schon leicht anzieht)
Top5: Anpressdruck beim Aufsetzen des Tips (bei balligen Fügeflächen Einfluss auf Lebensdauer der Klebeverbindung)
--> seitliches Verrutschen des Leder nach dem Aufsetzen ist zwingend zu vermeiden!
Top6: Verwendeter Klebstoff (keine billigen Kleber verwenden - Aushärtezeiten sind einzuhalten)
Top7: Chemische Wechselwirkung zwischen Klebstoff und Ferrulenmaterial (kann meist vernachlässigt werden - nur wenige Ausnahmen kritisch) --> Die meisten Ferrulenmaterialien sind auf eine entsprechende Bandbreite an Klebstoffen getrimmt heutzutage.
Top8: Bearbeitung des Leders möglichst ohne größere Temperatur- und Krafteinwirkung
Top9: Bearbeitungsrichtung gegen die Ferrule arbeiten (Vermeidung Ziehharmonikaeffekt --> Delamination)
-->ohne Drehmaschine schwierig, meistens ist der Daumen im Weg. Schleifen ist nicht optimal --> Temperatur!
Top10: Bearbeitung mit scharfen Werkzeugen (am besten Drehmeißel --> siehe Top9)
Top 11: Gute Versiegelung der Seitenflächen (Wachs oder Politur verwenden)
Ich denke da könnte man leicht eine Doktorarbeit zu diesem Thema machen.
Für mich ist aber wichtig, dass meine Leder halten, und dauerhaft ihre Form behalten.
Mit den von mir gegebenen Hinweisen erhält man denke ich ganz brauchbare Ergebnisse.
Aus meiner Sicht ist jedoch eine Drehmaschine durch nichts zu ersetzen, da Top1 bis Top3 nahezu perfekt erreichbar ist.
Deshalb habe ich letztlich auch das Geld in die Hand genommen. Alles andere ist okay - aber nicht perfekt.
Gruß Stecher
P.S.: Man bedenke auch noch, dass jeder Lederhersteller auch noch eigene Klebstoffe zum Verkleben der Lederschichten verwendet. Die sind dann auch nochmal alle unterschiedlich sensibel auf den Temperatur- und Krafteinfluss.
Ich glaube ich höre jetzt besser auf, sonst denkt ihr noch ich bin paranoid.