Eure Lieblingsspieler?

[tintin]

Ortmann? Na hoffentlich liest er das hier nicht.

[cuechanger]

Ich mochte Steve Mizerak immer sehr. Der krasse Kontrast zwischen diesem massigen Fleischberg und der fast zärtlichen, filigranen Cue-Führung fand ich immer extrem faszinierend.

[miramanee]

Steve Mizerak finde ich auch toll ist halt ein sehr sehr guter Techniker gewesen davon gibt es heute eine Hand voll

[cuechanger]

Yep. Ein Match, das man gesehen haben sollte.... 1989 US-Open, Mizerak-Ortmann: https://www.youtube.com/watch?v=u4TDV0a6fY4 macht einfach nur Spaß!

[miramanee]

schaue ich mir gleich an habe Nachschicht :-)

[cuechanger]

Das war Ortmanns erstes großes Ding und die Amis sind ausgeflippt. Der elegante, routinierte Mizerak, der das Spiel einfach macht, aber nicht fehlerfrei spielt und auch nicht ganz glücklich, gegen den jungen Wilden, der wider alle Vernunft alle möglichen Dinger pottet, auch wenn er nicht immer ganz überblickt, was danach passiert, aber so unwiderstehlich, dass man niederknien möchte. Klar, keine Riesen-Rekord-Serie, aber für 1989 war das sehr hochklassig und damals das Aufeinanderprallen zweier Welten im Pool. Ein Match, das Geschichte geschrieben hat.

[Titleist]

Ich habe mir das Spiel zum ersten Mal jetzt angesehen. Erst mal das Positive: Es waren tolle Kombinationen und Pots dabei. Es war enorme Spannung bis zum Ende. Und die Kommentatoren waren 1a. Grady war mit seinen Kommentaren einfach klasse.

Aber: Das war kein Str8-pool match, das man sich irgendwie zum Vorbild machen sollte. Weniger wegen den vielen Misses. Aber ich zitiere mal aus den Kommentaren: "That's not how to play Straight Pool." "I can't believe his shot selections" (bzgl. Ortmann). Ortmann hat enorme Risiken genommen, die oft ziemlich unnötig waren. Er hat es tlw. wie ein Rotationspiel gespielt. Mizerak war völlig von der Rolle an ein paar Punkten.

Fazit: Das Spiel war spannend durch enorm viele Fehler. Ein Meisterstück im Straight Pool war es aber überhaupt nicht.

Und ja, ich wäre natürlich froh, wenn ich so spielen könnte. Aber von Mizerak gibt es viel, viel bessere Spiele. Ich vermute auch von Ortmann, obwohl ich von dem noch nicht so viel gesehen habe.

[Billard-Praxis]

Ein bisschen später waren die beiden dann auf der 9ball WM in Bergheim 1990 und Oliver spielte im Vorraum 14-1 und das hab ich mir nur wenig angeschaut. Es wurde geflüstert- der zockt um was- aber ich fand das damals eher langweilig. Besser war ein kleiner Asiate, der auf dem Nachbartisch seinen Gegner einfach nicht drankommen ließ. Auf seiner Weste standen nur zwei Wörter groß drauf: Fujima Japan.
Eine Ecke weiter wurde gerade ein Interview mit Loree Jon Jones abgehalten, die dazu ein paar lange gerade Bälle lochen sollte lt.Regie. Ein paar Meter weiter spielte ein schlecht gelaunter Mike Sigel herum.
Wie ich später erfuhr war er gerade aus dem Turnier geflogen. Dann hab ich mich auf den Weg zu den Turniertischen gemacht und auf dem Weg kam mir ein ca.15 jähriger mit verheulten blauen Augen entgegen - der junge Thomas Engert, der ebenfalls gerade ausgeschieden war.Nachdem ich dann Platz genommen hatte, spielte vor mir Kim Davenport gegen... hab ich leider vergessen. Hinter mir kommentierte jemand auf englisch fast jeden Ball mit Regelwerk - so ein Quatschkopp hab ich noch gedacht- es war der spätere Zweite Jeff Carter. Dann fiel mir noch ein Typ auf der wie ein Trucker aussah und so gar nichts mit Billard am Hut hatte. Es fing eine neue Turnierbegegnung an und der vermeintliche LKW Fahrer hatte sich umgezogen in die damalige Turnierkleidung, Haare streng zurückgegelt, keine Hornbrille mehr auf und es war Steve Mizerak bzw. "Der König", wie in meine Vereinskollegen nannten, die schon am Vortag da waren. Da genug Platz da war, konnte ich mich hinter den König setzen und mir sein Spielqueue aus nächster Nähe mal ansehen - es war ein ein damals hochgeschätztes Kö von Richard Black und das Besondere war der Schliff der Pommi, die es erklärte, wieso der König so viel Effet geben konnte. Mike leBron war auch im noch im Turnier und hieß bei uns immer "Der Freund vom König".
Mr.Fujima hab ich Jahre später nochmal in Cardiff wiedergesehen.
Den Freund vom König sah ich ein Jahr zuvor auf einem Video aus Cardiff von 1999 - er soll gut drauf gewesen sein und hat so ziemlich alles auf seinen Deckel schreiben lassen,lt Augenzeugen.
Und zu Steve Mizerak kann ich nur sagen: Spitzentyp, der leider zu früh gehen musste.
"Das hab ich nicht verdient" war sein Billardspruch aus dem Kinofilm "Die Farbe des Geldes"
Zurück nach Bergheim 1990: Was mir einfiel zu Bergheim fand am Samstag statt, den Finaltag sonntags hab ich leider verpasst aber ein paar Vereinskollegen kamen mit lauten Earlthepearl Gesängen in unsere damalige Spielstätte Freizeittreff 2000 in Remscheid hellauf begeistert zurück.
Hier gibt es noch mehr zu der WM in Bergheim:
https://billard-aktuell.de/forum/viewtopic.php?t=22616

[Titleist]

Apropos Steve Mizerak: Hierzulande ist es wohl weniger bekannt, aber durch seine 2 Miller Lite Commercials hat er dem Pool wohl mehr geholfen, als viele Turniere. Ich hatte damals u.a. deswegen auch wieder Lust auf Pool gekriegt. Es wäre für unseren Sport großartig, wenn Pool wieder in der TV-Werbung auftauchen würde.
https://www.youtube.com/watch?v=3tYL2Btxmjg
https://www.youtube.com/watch?v=Lunx8DsoNjQ

[miramanee]

coole Werbung

https://www.youtube.com/watch?v=D_E6WedCEyE

@Billiard-Praxis

danke für die Infos :-)

[willusch]

In dem zweiten Spot von Miller spielt doch Bubba Smith alias Hightower von Police Academy mit, oder?

[cuechanger]

... Aber: Das war kein Str8-pool match, das man sich irgendwie zum Vorbild machen sollte. Weniger wegen den vielen Misses. Aber ich zitiere mal aus den Kommentaren: "That's not how to play Straight Pool." "I can't believe his shot selections" (bzgl. Ortmann). Ortmann hat enorme Risiken genommen, die oft ziemlich unnötig waren. Er hat es tlw. wie ein Rotationspiel gespielt. Mizerak war völlig von der Rolle an ein paar Punkten.
Fazit: Das Spiel war spannend durch enorm viele Fehler. Ein Meisterstück im Straight Pool war es aber überhaupt nicht.
Und ja, ich wäre natürlich froh, wenn ich so spielen könnte. Aber von Mizerak gibt es viel, viel bessere Spiele. Ich vermute auch von Ortmann, obwohl ich von dem noch nicht so viel gesehen habe.

Ich hatte ja auch nie behauptet, dass dieses Match Geschichte geschrieben hat, weil es so hochklassig gewesen sei, auch wenn das durchschnittliche Niveau vor 30 Jahren längst nicht so hoch war wie heute. Damals konntest Du mit nem 5er GD Bundesliga spielen. Was das Match so besonders macht, war das erstmalige Aufeinanderprallen zweier so unterschiedlicher Stile auf so großer Bühne. Und der verrückte Deutsche mit dem Kamikaze-Style holt am Ende sogar den Titel damit. Das kannten die einfach nicht. Aber Oli hat damit später noch sehr, sehr viel gewonnen. Am Ende musste aber auch er sich umstellen, denn Billard entwickelt sich halt weiter. Ich hab auch Mizerak nie für den Besten gehalten, aber ich mochte seinen Stil zu spielen einfach. Den fand ich immer sehr groß.

[Titleist]

@willusch: Jo, und Rodney Dangerfield. Bubba Smith war mir allerdings damals mehr als Ex-NFL-Spieler bekannt. Police Academy habe ich nie gesehen - ausser vielleicht mal 5 Minuten.

Hier gibt es in einem alten Billiards Digest noch ein paar Infos zu den Commercials. Leider ist auf Wayback nicht alles gespeichert. Aber die ersten 3 oder 4 Seiten sind da.

Interessant sind z.B. die 191 takes, die es gebraucht hat zum filmen. Wegen niesen, Ball nicht im Loch usw. ....

@cuechanger: Dass die damals schlechter gespielt haben, könnte ich so nicht unterschreiben. Die alten Mosconi, Greenleaf, Crane und sonstigen Videos, die es heute noch so gibt, unterstützen die These nicht. In D war vielleicht Pool nicht so entwickelt, die USA waren damals das Mass aller Dinge. Soweit mir bekannt kam ja das uns heute bekannte Poolspiel erst mit der Besatzungsmacht 1945 wirklich nach Deutschland, von Ausnahmen vielleicht abgesehen.

[cuechanger]

Das Niveau in Deutschland hat sich ganz ohne Frage deutlich sehr weit nach oben entwickelt in den letzten 30 Jahren. Das steht ganz sicher außer Diskussion. Und auch wenn Spieler wie Mosconi sicher Ausnahmeerscheinungen für die Ewigkeit sind, so hat sich das Spielniveau in der Leistungsbreite wie auch in der Leistungsspitze global ebenfalls weiter nach oben entwickelt. Die Veränderung ist nicht so gravierend wie in Deutschland, wo Pool bis in die frühen 80ziger hinein noch sehr, sehr amateurhaft war, aber auch global hat sich das deutlich gesteigert. Vor 50 oder 60 Jahren, musstest Du auf der Welt lange suchen, bis Du jemand gefunden hattest, der eine 100 schießen kann. Und der machte das dann auch nicht jeden Tag. Da gab es ein paar, aber echt wenige. Heute kann ich in Deutschland in einen beliebigen großen oder Mittelgroßen Verein gehen und finde mindestens einen der das kann. Von Asien will ich erst gar nicht reden. Unser Verein hat 40 Mitglieder und 4 Mannschaften. Die erste spielt immer so Oberlige/Verbandsliga. Wir hatten lange jemand hier, der kam in einer Zeit der Arbeitslosigkeit jeden Tag rein und der schoss locker 3x die Woche ne Hundert. Und war nix besonderes in der Gesamtlandschaft betrachtet... Vor 50 Jahren wäre der ne Legende geworden.

[Titleist]

Nun, da ja The Miz Ausgangspunkt der Diskussion um Runs in Str8 Pool war - sollte man D und Asien vergessen, was historische Runs angeht. Damals waren das alles Entwicklungsländer. Und in den USA ging zur gleichen Zeit so langsam die große Ära des Straight Pool zu Ende. Um durch die Rotationspiele abgelöst zu werden. Nebenher gab es immer noch 14.1, 1P, Banks usw., aber eben nicht als Hauptattraktion.

Diese Diskussion hatten wir öfters bereits auf AZB. Also generell, ob die Spieler damals "besser oder schlechter" waren. Ergebnis kam nie eines dabei raus. Namhafte Leute, die sich auskennen, waren überwiegend der Meinung, dass man das einfach nicht sagen kann. Dass aber ein Equipmentvergleich einerseits interessant, aber auch nicht hilfreich bei der Beantwortung der Frage ist. So spielten die damals mit vergleichsweise großen Taschen. Viel öfters als heute auf 10ft.-Tischen, dafür spielte Mosconi seine 526 wohl auf einem 8-footer. Dazu spielten sie mit sehr langsamem Pooltuch und das auch meist unter weit schlechteren Bedingungen (also die bekamen nicht immer einen frisch bezogenen Tisch, z.B.). Die Bälle waren noch "clay" bzw. minderwertig i.V. zu heute. Grabesruhe gab es auch nicht während Turnieren, wo heutige Spieler schon einen Anfall wegen eines Zuschauer-Niesers kriegen, da öffneten die Zuschauer damals ihre Bierdosen/-flaschen, rauchten, rissen Witze usw. Nicht immer und überall, aber viel öfters als heute. Die Racks wurden schlampig aufgebaut und keiner beschwerte sich. Keiner nutzte die ganzen Racktricks, die heute ausgenutzt werden. LD-Shafts waren unbekannt. Leder waren nicht alle hochwertig. Usw. usf.

Unter dem Strich waren sich die meisten einig, dass man die Schwierigkeit damals und heute durchaus vergleichen kann und dass das Argument größere Taschen aus o.g. Gründen nicht zählt.

100er Runs gab es in der großen Str8 Pool Zeit laufend. In großen Turnieren in den USA wohl öfters als heute. Was wiederum damit zusammenhängt, dass im Str8 Pool heute nicht mehr viele Turniere dort ausgerichtet werden. Und viele Cracks kein Str8 Pool mehr spielen - hängt auch viel mit der Zockerei zusammen. Heute ist wohl 1P in Pool Halls häufiger anzutreffen als 14.1.

Last but not least: Leider wurden im 14.1. die Rekorde nicht durchgehend statistisch erfasst. Schon alleine deswegen, weil Video kaum ein Thema war - ausser bei ganz großen Veranstaltungen und Exhibitions das TV z.B.

Das, was es aber an Aufzeichnungen von vor 30 Jahren und mehr gibt, zeichnet m.E. ein deutliches Bild. Es gab viele Top-Spieler, die regelmässig grosse Runs hatten. Die anderen sind - weil unbestätigt durch Youtube etc. - einfach oft untergegangen. Und werden heute entweder angezweifelt, weil die Zeugen nicht mehr leben oder die Erinnerung mangelhaft bei den heute sehr alten Spielern/Zuschauern ist. In alten Poolbüchern wird aber so einiges berichtet und das halte ich auch für glaubhaft. Zumindest genauso glaubhaft wie Youtube-Videos, die man ja auch prima schneiden kann.